[Radde, Grundzüge der Pflanzenverbreitung in den Kaukasusländern] Kapitel 2 Abs. I.

Zweites Kapitel.

Das kolchische Gebiet und sein Anschluss gegen Nordwesten an Taurien (Batum — Nowo-Rossiisk).

I. Geographische Lage und physikalische Verhältnisse des Gebietes.

Begrenzung des Gebietes durch die Hauptkette des Kaukasus S. 97. Geologische Grundlage S. 98. Höhenverhältnisse S. 98. Temperaturverhältnisse S. 103. Atmosphärische Niederschlage S. 104. Windrichtungen S. 106.

[p.97:] Für unsere weiteren Betrachtungen über die Vegetation der Kaukasusländer ist es, nachdem die Steppen erledigt wurden, geboten, zuerst einen Blick auf das Relief dieser Gegenden zu werfen und vor allem den ununterbrochenen Stock der Hauptkette von NW. nach SO. zu verfolgen.

Begrenzung des Gebietes durch die Hauptkette des Kaukasus. Der mächtige Lapidarstrich, mit welchem die Natur die Grenze zwischen Europa und Asien festsetzte und einstens gegen Süden das miocäne Meer bannte, wurde zwischen den nördlichen Breiten von 40—45° (Apscheron-Temrjuk) aus NW. gegen SO. im Winkel von 28° gezogen. Die Erhebungsaxe des Großen Kaukasus mag in der Richtung von Taman bis Apscheron gemessen reichlich 1000 km Länge haben; seine Kammlinie verläuft ohne Unterbrechung annähernd 1400 km. Als scharf ausgeprägtes Kamm- und Kettengebirge steht der Koloss da. Seine gesamte Südseite schießt schroffer [p.98:] als die Nordseite ein. An letzterer tritt in der östlichen Hälfte der Fuß des Daghestan am weitesten in die Ebene; in der westlichen Hälfte schwillt die Basis in der Kabarda durch die Entwicklung des Kubansystems zu größerer Breite an. Dort, im Daghestan, wird die größte Breite der Basis von N. nach S. mit 150 km auf eine Länge von ca. 460 km, hier, im Kubangebiete, mit 110 km bei 600 km Länge annähernd gemessen. Zwischen beiden liegt im Oberlauf des Terek, da, wo er in die Ebene von Wladikawkas tritt, mit 65 km die schmälste Basalbreite im Centralteile des Gebirges.

Geologische Grundlage. Der Kern der Hauptkette zwischen Elbrus und Adai-choch ist granitisch, westwärts treten auf den Kammhöhen granitische Gesteine noch an der Kleinen Laba zu Tage. Ebenso besteht die meridionale Abzweigung, das Meskische Gebirge, welches den Großen Kaukasus mit dem Kleinen verbindet, in seiner Grundlage aus Granit, und zwar sind diese beiden ihrer Bildung nach älter als die der westlichen Grenzkette von Karabagh, die ebenfalls granitische Basis besitzt. Auf dieser ruhen im Großen Kaukasus beiderseits alte Schiefer, wahrscheinlich dem unteren Jura (?) angehörend [Anm.#1: Die geologische Karte von 1892 führt diese breite Zone unter der Rubrik »depots paléozoiques« an.] . In den Kontaktzonen mit den granitischen Unterlagen sind sie oft derb, krystallinisch, anderweitig geschichtet, bald derber, bald feiner, lamellarisch. Östlich, schon vom Adai-choch, bedecken solche Schiefer bis über den Basar-düsü hinaus den Kamm des Großen Kaukasus, weder krystallinisches Urgestein noch vulkanische Bildungen treten da zu Tage. Dagegen werden sie im centrallen Kaukasus in den beiden vulkanischen Hauptcentren, dem Elbrus und Kasbek, durchbrochen, deren Aktivität sich bis in die Quaternärzeit ausdehnte. Diessen alten Schiefern folgt das Kalkgebirge des oberen Jura und der Kreide, an der gesamten Nordseite stark entwickelt in dem begleitenden Parallelzuge der Hauptkette, welchen man gewöhnlich mit dem schlecht gewählten Namen der „Schwarzen Berge“ bezeichnet, und namentlich im Daghestan. Oft gestiört durch platonische Aktionen sehen wir die untere Kreide an der Südseite der Hauptkette in den drei kolchischen Längenhochthälern. Die Etagen der jüngeren Kreide sind ebendaselbst vertreten und erstrecken sich weiter gegen NW. entlang dem NO.-Ufer des Pontus, sowie auch im Daghestan. Es folgt am Nordfuße des Großen Kaukasus auf die Kreide ein Band eocäner (paläogener) Zeit, aus blättrigen Thonen und Mergeln bestehend. Am Fuße der Südseite treten Nummulitenkalke mit Interruptionen auf; sie beginnen von W. nach O. in Imeretien und finden sich bis zum Alasan in Kachetien. Hieran schließen sich die Sedimente des miocänen Meeres, welches einst den gesamten Kaukasus umflutete und sich weit gegen NO. — vielleicht über Westsibirien bis zum Eismeer — erstreckte.

Höhenverhältnisse. Verfolgen wir die Kammlinie von NW. nach SO. und markieren auf ihr diejenigen Hauptabschnitte, welche für die Vegetation besondere Bedeutung haben.

[p.99:] Als eine sarmatische Bildung fallt wenig südlich von Anapa der Große Kaukasus in niedriger Kapform in das Schwarze Meer. In unmittelbarer Nähe des Ufers läuft ohne Unterbrechung die Kette, ganz allmählich in der Höhe wachsend, gegen SO. fort. Überall krönen stumpfe Kuppelformen die Höhen, zu beiden Seiten schneiden schmale Thäler, senkrecht zur Axe gerichtet, ein. Die Passagen über das Gebirge sind bequem, die Pässe von Noworossiisk nur 360—425m (1200—1400 r. F.) hoch. Die Böschungen an der Nordseite laufen sanfter in die Ebene aus, der Anstieg an der Südseite ist durchweg kürzer und steiler. Auf der Strecke von reichlich 170 km ändert sich im Typus dieser Reliefbildung des Gebirges wesentlich nichts, denn auch der Goitch-pass, den man von Tüapse aus übersteigen muss, um auf der Straße nach Maikop in das Kubangebiet zu gelangen, ist kaum 425 m (1400 r. F.) hoch. Dem Meere entlang verbreitert sich das pontische Uferland mehr und mehr, das Gebirge tritt sichtlich tiefer landeinwärts zurück. Von den Goitchhöhen ostwärts deuten einige gelbe, scharfe Zinken in der Kammhöhe auf Kalke, die stumpfen Kuppelformen werden seltener. Bis dahin gehörten die Mergel und Schiefer, welche dem Jungtertiär folgten, dem Eocän an.

Von nun an wächst das Gebirge in Breite und Höhe zusehends. In annähernd 50 km gegen SO. vom Goitchpasse blinken von den Gipfeln des Fischt, 2906 m (9538 r. F.), und Oschten, 2808 m (9212 r. F.), auch im Hochsommer Schneeschrammen. Sie sind beständig, berühren die Linie des ewigen Schnees und liefern im Quellennetze der Bellaja dem Kuban reiche Nahrung.

An der Südseite des Gebirges dokumentiert sich von hier weiter gegen SO. ein eminenter Klima- und Vegetationswechsel. Mit dem Wachsen der fortlaufenden Kammhöhen nehmen die Niederschläge rasch zu; die kalte Luft von der Nordseite stürzt nicht mehr als vernichtende Bora über den Kamm in die Tiefe. Schon bei Tüapse leidet der natürliche Rasen, infolge der größeren Feuchtigkeit der Luft, während des Hochsommers, selbst in den tiefsten Lagen, nur wenig. Allmählich nimmt die Vegetation die Üppigkeit der kolchischen Flora an, die charakteristischen Steppenformen schwinden mehr und mehr, je weiter wir dem Pontusufer nach SO. folgen. Die Ausdauer immergrüner Gebüsche, der Cypressen und des Lorbeers ist gesichert. In voller Abhängigkeit befindet sich die Pflanzenwelt von den wachsenden Kammhöhen des Hauptgebirges. Je höher diese werden, um so beständiger und unerschöpflicher werden auch die speisenden alpinen Reservoirs in Eis und Firn für die kolchischen Wasser. Was an Feuchtigkeit die vorherrschenden SW.-Winde vom Pontus herantreiben, wird zum größten Teil an der hohen Südwand des Großen Kaukasus niedergeschlagen. Aber wir müssen dieser Wand weiterhin folgen, um ihre diktatorische Macht für den Ausdruck des kolchischen Naturtypus klar zu erkennen. Die Kammzone wird immer mächtiger, wir befinden uns da überall im hochalpinen Gebiete. Die Passhöhen sind schmal, liegen in 1830—3050 m (6—10000 r. F.), die Gipfelhöhen in 3050—4270 m (10—14000 r. F.). Im Meridian von 60° 6' 6" tritt in freier Entwicklung das riesige vulkanische Centrum des Elbrus 5660 m (18571 r. F.) [p.100:] nach Norden aus der Hauptkette hervor. Stumpf doppelköpfig ist sein vergletscherter Gipfel. Er wird mit dem Hauptstocke durch einen schmalen, 3950 m (13000 r. F.) hohen Eisgrat verbunden. Seiner Westseite entspringen die üppigen Kubanquellen, die Ostfront ernährt den Terek. Jene ersteren, die beiden Laba, der Selentschuk und Urup, stürzen in Querthälern zur Ebene; die letzteren, Tschegem, Baksan und Malka, eilen in der Hauptrichtung W.-O., bis sie sich mit dem vom Kasbek kommenden Hauptflusse (S.-N.) vereinigen. Auch auf dieser Strecke des Hauptgebirges bis zum Elbrus ist der Anstieg von Norden her viel weniger steil als von Süden. Granitische Urgesteine treten oben auf den Rücken und schmalen Pässen zu Tage, die seitlichen Flanken werden von alten Thonschiefern belagert, dann folgen tiefer Jura-und Kreidekalke, welche nur hier und da an einzelnen Stellen von Gneißgängen durchsetzt sind.

Östlich nun vom Elbrus behält in den Suanischen (swanetischen) und Osseschen (ossetinischen) Alpen die Kammzone bis zum Kasbek denselben hochalpinen Charakter. Auch dieser zweite 5042 m (16546 r. F.) hohe Vulkan tritt gegen Norden aus der Hauptkette hervor. Nehmen wir die Distanz zwischen den Gipfelhöhen beider Vulkane in der Luftlinie mit annähernd 180 km an und blicken vom überall schmalen Kamme nach N. und S., so treten unmittelbar vor unseren Augen die obwaltenden großen Unterschiede im Relief beider Hochgebirgsseiten klar hervor. Gegen Süden findet im westlichen Teile die großartige Entwicklung der drei kolchischen Längen-hochthäler statt: des höchstgelegenen Ingur (Chobus?), getrennt vom Hippos (Tskenis-tskali) durch den ebenfalls gletscherführenden Lailastock, an dessen südlichem Fuße sich dann das obere Rionthal bettete. Gegen Norden dagegen, mit dem Songuti Choch der Beginn einer hohen lateralen Vorkette des Großen Kaukasus, mit Gipfelhöhen im Kaschtan-tau (5208 m = 17091 r. F.) und im Dych-tau (5158 m = 16925 r. F.), welche zwar niedriger als der Elbrus, aber höher als der Kasbek sind. Gerade diese bedeutendsten Höhen liegen nicht auf der Wasserscheide, sondern auf der lateralen Nebenkette. Nirgends aber besitzt diese den ununterbrochenen Zusammenhang wie der Kamm des Hauptgebirges, vielmehr wird sie vielfach von den Wasserläufen, die von der Scheide kommen, durchschnitten. Der Verlauf dieser Nebenkette in fast paralleler Richtung zur Erhebungsaxe und von ihr bis auf 50 km Entfernung getrennt lässt sich weit östlich bis fast zum Ende des Gebirges verfolgen. Ihr gehören die vergletscherten Gruppen im südlichen Daghestan der Tuschinischen Alpen (Tuschen), des Baschlam- und des Bogosstockes, des Dulty-dagh und auch des Schah-dagh an, welch' letzterer als eine riesige, überall steilwandige Jurakalkbank mit 4240 m (13900 r. F.) gipfelndem Plateau erscheint. Verbindende Joche bringen zwischen der Hauptkette und dem Lateralzuge hochgelegene Kesselthäler zum Abschlüsse.

Zur Vervollständigung des Gesagten lasse ich hier eine Reihe von Höhenwerten folgen, welche dem Lateralgebirge angehören, und denen diejenigen aus der Hauptkette folgen mögen.

[p.101:] Vom Elbrus bis zum Schah-dagh liegen zwischen den Meridianen von 60° 6' bis 65° 40' folgende Kulminationshöhen [Anm. #1: Die Höhenangaben weichen auf den neueren Karten öfters von einander ab. (Anm. d. Red.)] auf der Lateralkette:

In der Hauptkette sind zwischen den Meridianen von 61° 36' bis 65° 39' folgende Maximalhöhen von W. nach O. zu nennen:

Ich unterbreche hier einstweilen die weiteren Betrachtungen über die Hauptkette. Für unsere Zwecke wird nämlich in den suanisch-ossischen Hochalpen die Strecke, welche die äußersten Quellen des Ingur, Tskenis-tskali und Rion umschließt, deshalb von besonderer Wichtigkeit, weil hier der östlichste Winkel des kolchischen Bassins mit seinen gewaltigen Kondensatoren gelegen ist. Die Quellen der beiden zuerst genannten und die nördliche des Phasis befinden sich so nahe bei einander, dass man ihr nährendes, stark vergletschertes Gebirge als einen hochalpinen Knotenpunkt bezeichnen darf, den die Eishöhen vom Nuamquam, Schkara über den Lapuri, Edemis- und Pass-mta bilden. Dagegen greift die südliche Rionquelle, direkt vom 3829 m (12 563 r. F.) hohen S'ikari kommend, zugleich gegen Osten aus, und hier schließt sich der gegen SSW. gerichtete Meridianstock an die Hauptkette, welcher das kolchische Bassin gegen Osten zum Abschlüsse bringt und die unmittelbare Verbindung mit dem Randgebirge Hocharmeniens herstellt. Seit [p.102:] alten Zeiten wird es als Meskisches Gebirge bezeichnet. Es trennt die Kura von den Rion-Wassern, speist gegen W. die Dsirula, Kwirila und Tscheremela, gegen O. die Liachwa, senkt sich, schon nahe vom linken Cyrusufer, im S'urampasse bis zu 910 m (3036 r. F.) und findet da direkten Anschluss an die Achalzicho-imeretische (richtiger Adsharo-imeretische) Wasserscheide. Nur an dieser einen Stelle findet auf dem Isthmus ein unmittelbarer Zusammenhang der Hauptkette mit dem armenischen Randgebirge statt [Anm. : Bei Tiflis und oberhalb davon auf 25 km Distanz erreichen nur die äußersten Vorhügel des Großen Kaukasus das linke Kuranfer, während das Randgebirge von rechts her hart an den Fluss tritt.].

Der granitische Unterbau des Meskischen Stockes wird vom Kreidegebirge überlagert, tertiäre Schiefer bedecken das letztere. In dreifacher Hinsicht hat dieses Gebirge von jeher Orient und Occident an der Südseite des Großen Kaukasus getrennt. Erstens als Wasserscheider die Kura vom Rion (Cyrus vom Phasis), also die kaspischen von den pontischen Wassern. Zweitens das kontinentale Klima im Osten von dem maritimen im Westen. Drittens die westlichen Zweige des Kartlivolkes, Imereten, Mingrelen und Gurier, vom östlichen grusinischen (georgischen) Hauptstamme.

Es stellt sich das colchische Bassin mit seiner Erweiterung gegen NW. bis oberhalb von S'otschi — ein zusammenhängendes, eigenartiges Vegetationsgebiet — als ein schiefes Dreieck dar, dessen abgestumpfte Spitze durch den Westabhang des Meskischen Gebirges gebildet wird. Seinem nordwestlichen, langen Flügel folgten wir bereits bei den Erörterungen über die Hauptkette, über den viel kürzeren südlichen bis zum Meere, über Batum hinaus, möge in Kürze folgendes gemeldet werden.

Wir dürfen uns nicht auf die Hochländer Armeniens begeben, um ihr steil gegen Norden abfallendes Randgebirge in der Totalität zu überschauen. Wir haben es hier nur mit einem kleinen Teile der pontischen Uferkette und dem Nordabhange der adsharo-imeretischen Wasserscheide zu thun. Die erstere verläuft dem Meeresufer parallel SW.—NO. und wird in scharfwandiger Engschlucht vom Tschoroch S.—N. durchbrochen. Dieser fällt 9 km südwestlich von Batum in das Schwarze Meer. Die adsharo-imeretische Wasserscheide verfolgt die Richtung von W. nach O., ist gleich jenem pontischen Ufergebirge sehr wassersüchtig, speist von links her durch eine Anzahl Bäche den Rion und die Kwirila, giebt ihm weiter westlich mit der Dsirula eine zweite Hauptader von S. her und schließt sich, wie ich oben schon sagte, dem Meskigebirge am Ostrande der S'uramebene an. Mit 2130 m (7000 r. F.) wird die mittlere Randhöhe dieses Gebirges bezeichnet. Im Kartschchalkomplex, der in der östlichen Quellgabel des Tschoroch zwischen dem Hauptlaufe und dem Adshari-tskali, aber noch weit vor dem Ardaganschen Plateaurande, gelegen ist, wurden 3200 m (10500 r. F.) Höhe gemessen. Porphyrische Gesteine spielen in diesen Gebirgen eine große Rolle und treten z. B. an der Mündung des Tschoroch in schroffen Stellungen zu Tage.

[p.103:] Temperaturverhältnisse. Aus den vorliegenden meteorologischen Beobachtungen stelle ich die nachstehenden Tabellen zusammen, um dem Leser die Möglichkeit zu geben, sich über die Atmosphäre der kolchischen Lande eine richtige Vorstellung zu machen.

1) Nach den oben schon erwähnten neuesten Mitteilungen Wosnessensky's. In meiner Arbeit >Das Ostufer des Pontus« etc., Ergänzungsheft 112 zu Petermann's geogr. Mitteilungen, gab ich nach sjähr. Beobachtungen bajo's die Werte. Sie. weichen im Jahresmittel nur um 0,2° ab. Artwin schließe ich aus, weil es nicht mehr das nasse Klima der Küstenzone besitzt.

[p.104:]Absolute Maxima und Minima der Temperatur,

Man ersieht aus diesen Tabellen, dass in der kolchischen Küstenzone trotz der milden mittleren Wintertemperaturen Minima von weit unter 0° vorkommen, dass diese in der Richtung gegen NW. immer größer werden und bei Nowo-Rossiisk die Extreme des Steppenklimas an der Nordseite des Gebirges erreichen. Die Maxima stellen sich den von der Nordseite ermittelten fast gleich, dabei ist aber doch zu bemerken, dass die Höhenunterschiede der meisten Beobachtungsstationen zwischen N. und S. durchschnittlich 450—600 m (1500—2000 r. F.) betragen.

Atmosphärische Niederschläge. Relative Feuchtigkeit der Luft im kolchischen Gebiete.

Die beiden nun folgenden Tabellen geben die Resultate der Beobachtungen über das Maß und die Verteilung der Niederschläge.

Maß der Niederschläge in Millimetern im kolchischen Gebiete.

[p.105:] Maß der Niederschläge von Orten in der Nähe, aber aufscrhalb der Grenzen des kolchischen Gebietes.

Ich will hier für Batum als die nasseste Lokalität in Kolchis auch noch die Regenmaxima, welche im Verlaufe von 24 Stunden nach den Monaten beobachtet wurden, anfuhren.

Maximum im Verlaufe von 24 Stunden.

Das absolute Regenmaximum, welches während 24 Stunden gemessen wurde, ist also für den August in Batum 261,0 mm.

Ich schloss ferner Artwin am Tschoroch, nur ca. 50 km von der Küste entfernt, aus dem speciell kolchischen Gebiete aus. Die Ziffern erweisen zur Evidenz, dass dieser Ort, obwohl geographisch noch zu unserem Gebiete gehörend, klimatisch und auch vegetativ nicht mehr hineinpasst. Übrigens hat Artwin bei seiner fast meilenlangen Ausdehnung am linken Steilgehänge des oberen Tschoroch, in 180 m (600 r. F.) Meereshöhe beginnend und mit einzelnen seiner Ansiedelungen bis fast in die subalpine Zone reichend, sehr verschiedenes Klima. Unten in der schmalen und kahlen Schlucht des Flusses ist es bis 300 m (1000 r. F.) über dem Meere heiß, die Süßkirschen reifen da in guten Jahren schon Ende April; oben in reichlich 1520 m (5000 r. F.) pflückt man sie noch Anfang August. Die Beobachtungsstation liegt in 930 m (3050 r. F.). Nur der pontischen Küstenzone kommt die übergroße Nässe zu, welche gegen Osten gradatim sich vermindert, wie das die Angaben über Poni sehr deutlich beweisen. Ich habe diese Station, auf dem S'urampasse in 932 m Höhe gelegen, nur deshalb dem kolchischen Bassin hinzugefügt, weil sie den östlichsten Punkt in ihm bezeichnet. Jenseits desselben nach Osten nehmen die Niederschläge rasch ab, diesseits nach Westen rasch zu.

[p.106:] Verteilung der Niederschläge im Verlaufe des Jahres nach Tagen im kolchischen Gebiete. / Verteilung der Niederschläge im Verlaufe des Jahres nach Tagen von Orten in der Nähe, aber außerhalb der Grenzen des kolchischen Gebietes.

Windrichtungen. Was die Windrichtungen und ihre Stärke anbelangt, so liegen darüber folgende Beobachtungen für Batum vor. Die mittleren Geschwindigkeitswerte setze ich unter die Zahl der Windrichtungen.

Die S W.-Winde sind an Zahl und Intensität die vorherrschenden, oft setzen in dieser Richtung plötzlich Stürme mit einer Geschwindigkeit bis zu 4,4 m ein, sie bringen stets Regen. Am NW. wurde die Schnelligkeit bis zu 4,8 m beobachtet.

Für Poti ermittelte man im Winter vorwaltend NO.-, O.- und SO.-Winde (77). Aus NW., W. und SW. blies es in derselben Zeit nur 22mal. Dagegen wehen im Sommer dort vornehmlich NW., W. und SW., nämlich 72mal, und in derselben Zeit nur 25mal aus NO., O. und SO.

Trockene und dabei heiße Oststürme von oft mehrtägiger Dauer stürmen als Ausnahme im Sommer über das Meskigebirge in das Rionbassin und in sein Tiefland hinein und werden namentlich für die Kulturgewächse, Mais [p.107:] und Rebe, verhängnisvoll. Die Welschkornernte geht dadurch bisweilen ganz verloren. Selbst die spontane Vegetation leidet unter dieser heißen Luftdürre sichtlich.

Überblicken wir die vorstehenden Zahlenwerte, so konstruiert sich das meteorologische Gesamtbild für die kolchischen Lande mit Leichtigkeit in folgenden Grundzügen:

Im stark getränkten Tieflande sind Batum und S'otschi die nassesten Orte. Der Südostwinkel des Schwarzen Meeres steht klimatisch unter dem Einflüsse des pontischen Küstengebirges und besitzt bei höchstem Jahresmittel der Luftwärme von 15° C. die größten Niederschläge, 2356,6mm (2371). Nach Süden, zum Rande Hocharmeniens, verringert sich das Maß des Niederschlags sehr rasch, schon in 50 km Entfernung vom Meere ist es in Artwin auf fast ein Viertel (602,6 mm) reduziert. Dem Ufer entlang über Poti, Redut-Kale, Suchum und auch am Fuße des Großen Kaukasus verringert sich die Regenmenge im Vergleiche zur Maximalen von Batum im Jahre um 700—1000 mm. In S'otschi erreicht sie wieder das Maximum von 2041,8 mm. Diese ganze Zone hat ein ausgesprochenes Küstenklima. In diesem Gebiete sind April und Mai die verhältnismäßig trockensten Monate. Von August bis Ende Januar steigert sich der Regenfall zu einem monatlichen Mittel von 260 mm (Batum). Von S'otschi über Golowinsk und Tuapse gegen NW. hin nach Nowo-Rossiisk fällt die jährliche Wassermenge bis auf reichlich ein Drittel der Maximalhöhe. Das Klima schließt sich dort mehr und mehr dem der Steppen im Norden des Kaukasus an. Über die Bedeutung Ponis in klimatologischer Hinsicht sprach ich oben schon, ostwärts vom Meskistocke steigert sich successive der kontinentale Charakter des Klimas.

2. Das kolchische Gebiet

II. Allgemeiner Charakter der kolchischen Landschaft