Chinareise 2004 - [Das Tagebuch]

17.04. Frühstück im Hotel, sehr vielfältig von traditionell-chinesisch mit 1000-jährigen Eiern und allerlei Gemüse und Meeresgetier bis international mit gebackenem Schinken und dicken Bohnen wie in England. Zum Glück konnte mir Jim einiges erklären, sodaß ich einige Sachen kostete, die mich sonst vom Aussehen her abgeschreckt hätten. Wenn man aber weiß, was es ist, kostet man dann doch und siehe da - alles schmeckte prima! Erste Klippen gemeistert. Ein ereignisreicher Tag steht bevor.

Der Botanische Garten Peking war dann doch etwas anders als erwartet. Er ist mehr ein Vergnügungspark mit Plastik-Elefanten und Dinosauriern und kleinen Raumschiffen. Entsprechend auch das Publikum. Täglich 25.000 Besucher, am Wochenende fast 100.000. Viele Familien mit ihrem Einzelkind.

Wir wurden begrüßt vom Direktor des BG ZHANG Zuoshuang und erhielten dann eine eingehende Führung von 2 verantwortlichen Angestellten, dem Kustos GUO Ling und dem Leiter des Konservatoriums Dr. CHEN Jinyong. Die Menschenmassen, die durch die Alleen strömten, waren echt beeindruckend. Überall blühten gerade die Zierpfirsiche. Große Blumenrabatten mit Tulpen in voller Blüte (Keukenhof läßt grüßen!). Als erstes sahen wir den Bonsai-Garten mit sehr alten Bonsais. Anschließend ein riesiges Tropenhaus (Cheng Fangyun: Das größte in Asien), am interessantesten die Leute, die vor den Palmen posierten.

Wir waren natürlich gespannt, ob schon Pfingstrosen blühen. Der verantwortliche Leiter des Päoniengartens, ZHAO Yongqin wartete schon auf uns und weihte uns in die Geheimnisse der Pflege hier in Peking ein. Wir waren doch etwas überrascht über die große Zahl von Pflanzen, da man uns gesagt hatte, hier wären nur eben ein paar wenige. Normalerweise blühen sie um diese Zeit nich nicht. Aber in diesem Jahr ist es sehr zeitig sehr heiß, und so fanden wir hier und da schon einzelne blühende Sträucher, die auch eifrig abgelichtet wurden. Kaum vorzustellen, was für Menschenströme zur Vollblüte sich hier entlangbewegen. Vielleicht ein kleiner Vorgeschmack auf Luoyang und Heze? [Die Päonien-Sammlung ist öffentlich seit 1984, 600 Sorten in 6000 Exemplaren, auch viele Japanische Sorten und Rockiis. Dünger: 3x jährlich Mist, zusätzlich Spray auf die Blätter mit 3% Kalium-Phosphat (???). Die Knospen werden rigoros entfernt, nur eine Knospe pro Stiel bleibt dran. Alle innen und unten liegenden Knospen werden ausgebrochen. Es werden pro Pflanze nur 7 Triebe belassen, und diese dürfen sich 2 mal teilen. Rockiis werden in Gansu wie kleine Bäume erzogen mit nur einem Stamm, und die Verzweigung beginnt in 1m Höhe.]

Begrüßung durch Prof. Zhang, Direktor des Beijing Botanischen Gartens (rechts) und den Leiter des Konservatoriums Dr. CHEN Jinyong (links), Rosengarten

Rundgang durch den Beijing BG. Linkes Bild: Ms LI Yan, Assistent im BG Peking und Prof. Cheng Fangyun, Beijing Forestry University

interessierte Photographen, Penjing Garten (Landschaft im Pot, die chinesische Form des Bonsai)

Clivien-Ausstellung, große Menschenmassen in den Tropenhäusern

Schattenboxen im Päoniengarten, Mr. ZHAO Yongqin , verantwortlicher Gärtner für Päonien

Prof. Cheng Fangyun, Beijing Forestry University, rexchts im Gespräch mit Mary Pratte, President Canadian Peony Society


Ling Hua Zhan Lu

-33 Kreuzung Ostii X Rockii (lt. Cheng)

Cheng: In Peking werden die gleichen Kultivare wie in Luoyang viel höher, sind hier fast 2m hoch.

-31 Hybrid 'Feb Dan Bai'

29-25 Cai Hui

24- Zhao Fen

22 Fen Dan Fen

21-16 Zao Chun (Early Spring)

15-13 Yao Huang ähnlich. Die Knospen sind gelb. Das ist nicht die originale historische Sorte, sondern ein Ersatz, der der alten Sorte sehr ähnlich ist. Die richtige Pflanze ist verloren

Paeonienpflanzung im BG Peking

10- Rockii Hybrid Sämling

7- Cong Zhong Xiao / Smiling in the bush (oder Zong ...?)

Rockii-Hybrid

2 Rockii-Hybrid aus Gansu - Erziehung wie kleine Bäume


Tafel am Päonien-Garten im BG Peking

Menschenmassen und Tulpenträume

Blühende Zierpfirsiche

Als die Führung zuende war, war es bereits Mittag und wir fuhren zu einem echt chinesischen Restaurant. Keine dieser Touristen-Kneipen, wie uns Roger im Bus erklärte. Als wir reinkamen, waren wir dann doch etwas platt. Wir stiegen aus dem Fahrstuhl und standen plötzlich in einem riesigen Saal mit vielleicht 200 Tischen, alles voll Gäste und die Tische brechend voll mit Speisen. Kellner wimmelten durcheinander. Eine solche geschäftige und laut essende Menschenmenge hatte keiner von uns bisher gesehen.

Wir wurden dann durch einen kleineren Saal geführt, wo gerade ein Hochzeitsessen zuende gegangen war. Hier ca. 10 große Drehtische, alle übervoll mit geleerten Tellern. Die Bedienung begann gerade abzuräumen und alles sah sehr wüst aus. Hier sollen wir essen?

Doch dann öffnete sich eine Tür und man führte uns in einen kleinen leeren Nebenraum, wo grade mal ein Drehtisch für 12 Personen hineinpaßte. Da es bis zum Servieren des Essens noch etwas dauerte, regte Paige an, daß sich alle Teilnehmer kurz vostellen. Jeder sollte erklären, wie er zu den Pfingstroisen gekommen ist und was er damit zu tun hat.

Zuerst begann Larry Wick, der auf einer Insel in der Vancouver Bay 10 Meilen entfernt von Vancouver eine Sammlung von exotischen Pflanzen hat mit Palmen, Rhododendren, Kamelien und vielen anderen. Hörte sich sehr interessant an.

Es flogte das Ehepaar Palmiter aus Rochester, New York State, die dort eine (zumindest den Amerikanern) wohlbekannte Staudengärtnerei betreiben und auch Sträucher, Hot Peppers und jede Menge Päonien anbauen.

Dritte im Bund war Elisabeth Rundle aus Australien, mit der ich vorher schon eMail und Telefon-Kontakt hatte. Sie berichtete, daß sie 15 Jahre lang in Japan gewohnt hat und die Strauchpfingstrosen dort kennen und lieben gelernt hat. Aber in Australien gibt es davon nur ganz wenig, weil die harte Quarantäne-Behandlung von Importpflanzen die meisten Pflanzen umbringt. Das hat zur Folge, daß nur ganz wenig erfolgreich aus dem Ausland eingeführt werden kann.

Anschließend erzählte Lee Gratwick ihre Geschichte. Sie wuchs mit Strauchpfingstrosen auf, ihren Vater kennt quais jeder Päonien-Liebhaber, er war ein berühmter Züchter. Er hat mit Nassos Daphnis zusammen damals die ganzen Kreuzungen durchgeführt und auch schon Prof. Saunders bei der Züchtungsarbeit geholfen. Ihre Mutter war die erste, die dem 18-jährigen Nassos Daphnis ein Gemälde abgekauft hatte. Es war ein Päonien-Gemälde. Mittlerweile ist Nassos Daphnis 87 Jahre alt. Als Lee erwachsen war, zog sie von ihren Eltern fort und kehrte in ihr Elternhaus erst zurück, als ihr Vater schon sehr alt war. 5 Jahre später starb er. Eine seiner Züchtungen habe ich auch in meiner Sammlung. 'Guardian of the Monastery'. Ihr Vater hatte in seinem späteren Leben andere Interessen als Pfingstrosen und Lee erbte den Garten in einem stark vernachlässigten Zustand. Viele Sträucher waren von Gras überwuchert und eingegangen. Mittlerweile ist aus dem Garten aber eine weithin bekannte Attraktion geworden, die jedes Jahr für 5 Tage der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird: Linwood Gardens.

Danach folgte Mary Pratte, Präsidentin der Canadian Peony Society. Sie erzählte von ihrer immerwährenden Liebe zu diesen Pflanzen und wie sie kürzlich, als ihr Vorgänger zurücktrat, Präsidentin der kanadischen Gesellschaft wurde.

Das dann folgende Essen war sehr ungewöhnlich und sehr schmackhaft. James Waddick erklärte all die eintreffenden Gerichte und wir amüsierten uns köstlich.

Auf der anschließenden 1 ½ stündigen Busfahrt zur Großen Mauer rief ich wieder zu Hause an. Natürlich nur 2 min.

Die Große Mauer ist erst auf den zweiten Blick beeindruckend. Man hat sie zu oft schon im Fernsehen gesehen. Erfassen kann man dieses Riesenbauwerk nicht mit den Augen, nur im Geiste - und dann überwältigt es einen doch. In der Gasse zum Sessellift jede Menge Souvenirshops mit recht aufdringlichen Verkäufern. Zuerst wollten sie 1 Dollar für ein T-Shirt, dann wollten sie 2 T-Shirts für 1 Dollar geben. Ich habe trotzdem nichts gekauft, aber Jim kam dann und erzählte, er hätte zugegriffen, als sie 3 T-Shirts für 1 Dollar gaben.

Auf dem Weg zur Großen Mauer, AAAA Touristen-Attraktion

Auf der Großen Mauer, Kabinenlift

Danach wieder 1 ½ Stunden Fahrt zum Abendessen. Die Fahrt durch die Außenbezirke Pekings ist sehr interessant. Es wird unvorstellbar viel gebaut, breite Alleen, ganze Reihen von 15-20-stöckigen Hochhäusern, viele Supermärkte, es herrscht ein enormer Verkehr, kaum noch Fahrräder, wobei auch für diese breite Fahrbahnen in beiden Richtungen gebaut sind, von den Autofahrspuren oft durch Gitter oder noch massivere Abgrenzungen getrennt.

Unser Ziel: Ein Restaurant, in dem uns traditionelle Peking-Ente serviert werden sollte, entpuppte sich als mitten in der Innenstadt gelegen. Auf einer Stichstraße kreuzten wir alle 6 Ringstraßen bis zum innersten Viertel gleich um die Ecke vom Platz des himmlischen Friedens. Es war furchtbarer Verkehr, wir blieben mehrmals im Stau stecken. Vorbei zogen Botschaften und riesige Hotelkomplexe und Geschäftsviertel. So boomend hatte ich Peking eigentlich nicht erwartet.

Schließlich hielt der Bus vor einer kleinen Querstraße und wir liefen die letzten 200m zu Fuß zum Restaurant, wo wir von 2 bekannten chinesischen Botanikern erwartet wurden. Ein älterer Herr, der laut Jim die Koryphäe bei den Orchideen ist (später erfuhr ich, daß es Chen Xinqi, war, der im Jahr 2005 die Lilies of China Tour leiten wird) und seine Tochter, CHEN Bing, die Präsidentin der Catch Flower Company, eine erfolgreiche Handelsfirma ist, Typ toughe Geschäftsfrau in Super eleganten Klamotten. So eine Chinesin hatte ich noch nie gesehen.

Wir genossen ein sehr ausführliches Abendmahl. An meinem Tisch saßen die beiden jungen Männer vom Vormittag, die uns durch den Botanischen Garten geführt hatten (der Kustos GUO Ling und der Leiter des Konservatoriums Dr. CHEN Jinyong). Der Höhepunkt war die traditionelle Peking-Ente. Zum Glück bekamen wir sowohl von unseren chinesischen Tischnachbarn als auch von den Kellnern alles ganz genau erklärt, damit wir den Genuß auch wirklich verstanden. Wieder ein sehr schöner Abend in angenehmer Gesellschaft.

Auf der Rückfahrt fuhren wir durch's Zentrum von Peking bei Nacht. Alles hell erleuchtet und Roger erklärte fast jedes Gebäude. Links zog der Platz des Himmlischen Friedens vorbei, rechts die Verbotene Stadt, alles war sehr interessant, nur drückte nach dem anstrengenden Tag und dem vielen Essen dann doch sehr die Müdigkeit auf die Augen. Am Ende freuten sich alle auf eine Dusche im Hotel und das Bett.

[18.04.]